Pressemitteilung vom 2.11.2020
Irmgard Kaduk gewinnt Rösrather Künstlerausstellung
mit Corona-Skulptur „Auf dem Sprung“
Diesen Tag werden Veranstalter und Kunstschaffende in Rösrath nicht vergessen. Die 40. Ausstellung Rösrather Künstler endet mit einer ganz besonderen Preisverleihung im Werkstattgebäude von Schloss Eulenbroich: Es ist der letzte Tag vor dem zweiten Corona-Shutdown, die erste Amtshandlung der neuen Rösrather Bürgermeisterin Bondina Schulze und vermutlich die kleinste Finissage, die in der 40-jährigen Geschichte der Rösrather Künstlerausstellung je stattgefunden hat. Neben den ausnahmsweise vorab informierten Preisträger/innen und der Bürgermeisterin haben sich Preisstifter Dr. Jürgen Rembold und wenige Kulturvertreter der Stadt in gebührendem Abstand um die Sieger-Skulptur „Auf dem Sprung“ versammelt. Die aus Ton gebrannte, dunkle Figur lauert in gebückter Haltung auf einem naturbelassenen Baum, ihre „Krone“ ist unschwer als das Coronavirus auszumachen. Künstlerin Irmgard Kaduk hat damit nicht nur die weltlähmende Pandemie verarbeitet, sondern offensichtlich auch den Nerv der Besucher getroffen. Zu ihrer eigenen Überraschung, denn sie selbst war zum Zeitpunkt der Preisvergabe noch auf Sylt und nahm ihre Platzierung hocherfreut telefonisch zur Kenntnis. Die Zahntechnikerin hat sich mit der Arbeit als Bildhauerin erst vor fünf Jahren mit Beginn des Ruhestands einen Lebenstraum erfüllt, sagt sie. Die Fähigkeit, filigran zu arbeiten, habe sie im Berufsleben perfektioniert, nun setzte sie diese Gabe in der Gestaltung menschlicher Plastiken ein, gerne in Verbindung mit altem Holz.
„Auf dem Sprung“ ist eines von 36 ausgestellten Kunstwerken, die zuvor von einer Fachjury aus 95 Bewerbungen sorgfältig für die Jubiläumsausstellung 40 Jahre Rösrather Künstler ausgewählt wurden. Trotz abgesagter Vernissage und strenger Besucher- und Hygieneregeln kamen zahlreiche Kunstinteressierte in die mit viel Liebe zum Detail gestaltete Ausstellung. „Mit 267 gezählten Stimmabgaben wurde jede Erwartung übertroffen“, freute sich Elke Günzel, Kulturbeauftragte der Stadt und Organisatorin der Veranstaltung. Viele Besucherinnen und Besucher hätten den Rundgang als willkommene Auszeit genutzt und „sich damit auch ein Stück Normalität zurückerobert“, so Günzel.
Gemeinsam mit Kunsttheoretikerin Marise Schreiber stellte Stifter Dr. Jürgen Rembold in gewohnt launiger Art die Preisträgerinnen und ihre Werke vor und überreichte die symbolischen Schecks sowie eine Tasse „Rösrather Kulturkaffee“. Rembold lobte das Organisationsteam für dessen Nervenstärke und Anpassungsfähigkeit an immer neue Auflagen und outete sich als Fan der Sieger-Skulptur, die er spontan als „gelungene Erinnerung an eine ungewöhnliche Zeit“ von der Künstlerin erworben habe.
Dem zentralen, Corona überdauernden Zukunftsthema Klimawandel widmet sich Manuele Klein, die mit ihrem Kunstwerk „Nur N(AT)ur Nur 1 den zweiten Platz in der Gunst der Ausstellungsbesucher belegte. Das im Rahmen einer Serie entstandene Werk fußt auf einem schwarzen Holzblock, in den die Künstlerin unzählige Baumskelette ziselierte. Auf den ersten Blick wirkt der zerstörte Miniatur-Wald unwiederbringlich tot. „Jeden Tag fahre ich durch das Bergische und sehe den Verfall“, erzählt Klein. Doch glitzernde Steine hellen die Szenerie auf, Mini-Menschen dokumentieren was sie sehen – vielleicht können sie doch noch die richtigen Weichen stellen?
Dass „weniger manchmal mehr ist“, stellt die Drittplatzierte Künstlerin Verena Kupper in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. „Big blue“ ist ein 59 x 84 Zentimeter großes Bild, das ausschließlich mit Kugelschreiber gemalt wurde. Unzählige, feine Linien bauen sich von unten nach oben auf, verdichten sich und ziehen den Betrachter in das große Blaue.
„Die Interpretation liegt ganz im Auge des Betrachters“, betont Kupper und mit einem Austausch über die möglichen Botschaften und unterschiedlichen Betrachtungsweisen geht eine ganz besondere Jubiläumsausstellung zu Ende.
Petra Stoll-Hennen, 02.11.2020